Island

Der erste Tag....

...war anstrengend - deutlich mehr als ich erwartet hatte.

Wieso ich im Flugzeug grundsätzlich nicht schlafen kann, weiß ich nicht so genau. Aber die Folge wird sich zusammen mit dem Jetlag heute deutlich zeigen.

 

Es ist 6:30 Uhr morgens in Island, als wir mit dem Flugzeug aufsetzen. Der Flughafen selbst wird gerade baulich verändert, wodurch dieser total verwinkelt und chaotisch wirkt. Tausende Leute vermischen sich zu einer quirligen Masse. Ich möchte meine Freunde gern persönlich verabschieden und suche gute 10 min den Flughafenbereich ab. Da läuft mir Thorsten über den Weg, der verzweifelt nach einer Rauchermöglichkeit sucht. Mit seiner Hilfe finde ich die Truppe. Der Abschied ist für solch eine Reise viel zu kurz, aber notwendig. Mein Koffer dreht in einer anderen Halle tatsächlich schon Runden.

 

Die nächste Überraschung wartet am Leihwagenschalter auf mich. Die Schlange ist so groß, dass ich gute 2 Stunden anstehe.... Hilft nix, ich muss da durch. Fast alle Wartenden sind Amerikaner. Dieser Umstand heitert das Warten etwas auf, denn die Amis sind ja kontaktfreudig.

 

Irgendwann sitze ich in einem golfähnlichem asiatischen Gefährt und bin heilfroh meine Ruhe zu haben. Ich muss nun die Zeit bis zum nächsten Check-in überbrücken. Die Hauptstadt Reykjavik liegt etwas über eine halbe Autostunde entfernt.  Dies soll mein erstes Ziel sein.

 

 

Die Anhalter

Nach gerade 4 min Autofahrt sehe ich an der Strassenseite zwei Anhalter. Beide kann ich zunächst kaum erkennen. Egal, die kommen mir gerade recht und ich bremse aufgrund der günstigen Haltemöglichkeit. Zwei junge Damen schlüpfen sichtlich erfreut auf die Rückbank und fangen sogleich an sich vorzustellen. Es sind Magdelena und Sonia aus Polen. Da ich mich grinsend mit Sadowski vorstelle, ist die Freude groß, aber das Sprachproblem nicht kleiner. Durch die Übermüdung strengt mich das Zuhören und Übersetzen anfänglich an, werde aber etwas gepusht.

 

 

Etwas besseres als die Beiden mitzunehmen konnte mir nicht passieren, denn sie erzählen mir in einer Turbo-Kurzfassung alles Wichtige für die ersten Überlebensstunden in Island  ;-)

 

Allem voran, wo ich günstig einkaufen kann - was bitter nötig ist. Die Preise werden sich als etwas ganz besonderes herausstellen. Nicht, dass ich das nicht erwartet hätte, aber es gibt extra teure Fallen. Beide sind mit ihrer Reise fast durch und haben seit 3 Wochen ca. 2000 km mit dem Rad zurück gelegt. Schlafen war "Outside" (ich nehme an im Zelt).

Vor dieser Leistung zölle ich Respekt. Ihre Aussage, dass man hier mehrere Klimazonen durchlebt nehme ich sofort ab, denke mir im Stillen jedoch, das wohl eher die kühleren Temperaturen dominieren.

Mit ihnen fahre ich das Zentrum von Reykjavik an.

 

 

Sie geleiten mich sicher ins Zentrum von Reykjavik und ich stelle den Motor ab. Da erzähle ich von meinem "little blog" und die beiden wollen unbedingt den Link wissen. Den rücke ich aber nur raus, wenn ich ein Foto mit ihnen machen darf ;-)

Nach dieser lustigen Fahrt verabschieden sich die Beiden ganz lieb und flux sind durch irgendeine Nebenstrasse verschwunden.

 

Ich bin froh diesen entspannten Bummel allein durch die Stadt zu machen und schleiche übermüdet durch die Gassen. Viel Mühe gebe ich mir heute beim Fotografieren nicht und so verkommen die meisten Bilder zu Knipsfotos.

 

 

Hallgrímskirkja

 

Das bekannteste Gebäude ist wohl diese auffällige Kirche. Das Erscheinungsbild lässt stutzen und ist nach kurzem überlgen eindeutig Basaltsäulen nachempfunden.

 

Hundete Asiaten tummeln sich vor dem Gebäude und machen Selfies. Es dauert eine Weile um einen kurzen freien Blick auf das Gebäude abzuwarten. Endlich gibt es für 5 sek die Möglichkeit ein Bild zu machen, da fuchtelt eine der Asiatinnen wild in meine Richtung, ich soll au dem Bild gehen. Tssss....

 

Mir ist nach setzen zumute und so schlendere ich zum Eingang. Die fünfschiffige Kirche wirkt innen mit dem gotischen Baustiles absolut schlicht und filigran zugleich. Der Baumeister hat eine tolle Arbeit geleistet. Sie wirkt modern und ist angenhem hell. Dreht man sich in der Mitte des Raumes um, fällt sofort die dominierende Orgel ins Auge. Die Pfeifen sind nicht nur senkrecht sondern zum Teil auch waagerecht angeordnet, was ich ungewöhnlich finde.


Erbaut wurde die Orgel übrigens von der deutschen Firma Johannes Klais Orgelbau.

 

 

Das kühle Sandwich

Nach dem Besuch der Kirche beschließe ich eine Kleinigkeit zu essen. Was die Preise diesbezüglich angeht, hatte ich ja schon etwas angedeutet. Aber so in der Praxis und live sind die Auspreisungen schon interessant. Entgegen meiner sonstigen Gewohnheiten und Überzeugungen schlüpfe ich deswegen in einen Subway, welcher Sandwiches anbietet.

 

Nach kurzer Orientierung bestelle ich bei der Dame hinterm Tresen. Obwohl ich sie freundlich anspreche, bleibt ihr Blick eisern und komplett emotionslos. Ist bestimmt ein harter Job hier... Selbst ein angedeuter Scherz lässt nicht die geringste Regung erblicken. Eigenartig. Was ich noch nicht ahne, war meine erste Bekanntschaft mit dem isländischem Gemüt.

Gerade komme ich aus Amerika. Dort wird schon die kleinste Aufmerksamkeit sofort positiv erwidert. Per Wort oder Geste, egal es gibt immer feedback. Bei einem späteren Gespräch hier wird als "Aber" entgegnet, dass die Amis oberflächlich sind. Das ist sogar richtig, doch im Alltag bringt die stetige Freundlichkeit etwas Angenehmes mit sich.


 

Der Isländer

Das muss ich mal kurz erläutern. Irgendwo in einem Online-Reisführer habe ich gelesen, dass Island klimatisch betrachtet ein grausames und hartes Land sei... Also grausam finde ich etwas überzogen, aber hart ist es bestimmt. Abgesehen von den widrigen metreologischen Bedingungen äußert sich auch mal ein Vulkan und erzeugt ganz eigene Lebensbedingungen. Jedem dürften die Auswirkungen des Eyjafjallajökull (ich kann es inzwischen aussprechen) im Jahr 2010 in Erinnerung liegen. Dieser Vulkan hat nicht nur tausende Flüge in Europa gestrichen, sondern auch meinen eigenen damals angesetzten Ägyptenurlaub mit (!) Tauchkurs.  Eine Stunde vor Abflug wurde der Flug gestrichen. Ich habe also eine ganz besondere Rechnung mit ihm offen...  Hier in Island waren die Auswirkungen jedoch noch viel stärker.


Im Laufe der Jahrhunderte hat sich das Gemüt der Einheimischen wohl auch emotional angepasst. Ein Lächeln geht dem Isländer selten über die Lippen. Nicht, dass er unhöflich wäre, nein -  er ist reserviert und wirkt kühl. Grüßt dich einmal ein Isländer auf dem Weg zwischen den vielen entgegen kommenden Menschen, war es kein Isländer. Es war in diesem Falle bis jetzt immer ein Amerikaner.

 


 

Nach einer halben Stunde treffe ich diese reizende Dame auf dem Foto. Wie ich mich später belesen kann, handelt es sich um einen Troll. Der Stellenwert dürfte irgendwo mit dem deutschen Rübezahl vergleichbar sein. Aber ich würde mich da nicht streiten.

 

Was jedoch fest steht, ist ein starker Glaube der Isländer an der Existenz der Trolle. Diese Wesen sollen zwischen 300 und 400 Jahre alt werden. Tja, hätte diese Dame hier zwischendurch mal Peeling benutzt...

 

Das letzte Gebäude, welches ich mir ansehe, ist das Konzerthaus Harpa. Von weitem wirkt es ein bisschen wie der Kristallpalast in Dresden - nur eben vollkommen aus Glas.  Aus der Nähe sieht das echt schick aus, ganz im Gegensatz zu unserem Kino. Als ich lese, dass im Inneren freies WiFi verfügbar ist, suche ich mir eine gemütliche Sitzgelegenheit und versuche meine morgige Reiseroute zu verifizieren. Ich möchte gern ins östlich gelegene Vik fahren, was gleichzeitig auch die längste Strecke in den 5 Tagen bedeutet. Als ich so sitze, schlägt jedoch der Schlafmangel zu und ich versacke in dem harten Leder. Obwohl ich noch mehr als 2 Stunden bis zum Checkin im Hostel warten muss, rappel ich mich nach 10 min auf und beende die Stadttour.

 

Auf dem Weg zum Auto schlägt jetzt die Müdigkeit zu. Auweia, ich will nur noch so fix wie möglich ins Bett. Nach 30 min Fahrt geht nix mehr. da ich unaufmerksam werde fahre ich rechts auf einen Hügel mitten in einer atemberaubenden Lavalandschaft. Ich mache ein Foto und stelle das die Rücksitzbank um. Peng!

 

Nach 2 Stunden fahre ich weiter und bekomme per Handy englische Anweisungen: "Wohnung offen, Tür klemmt, komme später"

Als ich die Unterkunft betrete, denke ich zuerst, das ich falsch bin. OK, niemand ist zu Hause, die Tür steht offen. Das stimmt! Aber der Fussboden aus Parkett ist mit weiser Farbe bekleckert, es sieht unaufgeräumt auf. Es liegen Klamotten und sonstige Haushaltsdinge durcheinander. Hier ist jemand voll im Gange und hat Stress, ist mein Gedanke. Ich gehe durch die Räume und finde im Chaos einen sehr ordentlichen Raum mit einem Handtuch auf dem Bett. Das ist die richtige Bude, das muss sie sein!

 

Ohne mir weitere Gedanken zu machen lass ich alles fallen und gehe duschen. Das Bett ist frisch bezogen und somit mehr als einladend. Irgendwann klappert es in der Wohnung und ein Mädchen von ca. 7 Jahren steht im Flur. Ich stehe auf und begrüße sie nett, sie erwidert und verschwindet. Na da dürfte die Mama nicht weit sein.

 

Sie trifft eine weitere Stunde später ein und begrüßt mich freundlich aber deutlich reserviert. Diese "Reserviertheit" bleibt bis zur Abreise bestehen. Das Chaos ist die eine Sache, aber die Zurückgezogenheit befremdet mich. Ich denke, sie ist irgendwie mit sich selbst beschäftigt und verzieh mich in ihre Küche. Die steht zur freien Verfügung. Ich koche mir Spaghetti mit einer provisorischen Tomatensoße. Der Klassiker schlechthin.

Bevor ich schlafe, sehe ich mir die morgige Route an. Die Reise nach Vik ist zugleich der längste Reisabschnitt in Island. In Vik gibt es einen schwarzen Strand und hoffentlich Papageitaucher.